+++ Mehr Demokratie, Campact und Foodwatch klagen gegen Ratifizierung des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens. Recht auf demokratisch legitimierte Entscheidungen werde verletzt. +++

Mehr Demokratie e.V., Campact und Foodwatch reichen erneut eine Verfassungsbeschwerde gegen das Freihandelsabkommen CETA ein – diesmal gegen die Ratifizierung. „CETA gefährdet die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Ausschüsse und Schiedsgerichte sind mächtige Akteure. Doch unsere Parlamente haben zu wenig Einfluss auf sie. Das entwertet auch unser Wahlrecht“, sagt Roman Huber, geschäftsführender Bundesvorstand von Mehr Demokratie und einer der drei Beschwerdeführer. Bundestag und Bundesrat hätten dem Abkommen nicht zustimmen dürfen, so Huber.

Konkret richtet sich die Verfassungsbeschwerde auf zwei Elemente des Abkommens: Das Ausschuss-System und die Schiedsgerichtsbarkeit. „Die Ausschüsse können weitreichende Entscheidungen treffen, sind zu selbständigen Hoheitsakten befugt, können Recht setzen und sogar das CETA-Abkommen verändern. Doch es mangelt an demokratischer Kontrolle“, erläutert der Europa- und Völkerrechts-Experte Wolfgang Weiß, der gemeinsam mit Staatsrechtlerin Kathrin Groh die Beschwerdeführer in Karlsruhe vertritt. Es gebe ein Recht auf demokratisch legitimierte Entscheidungen. „Und das wird verletzt.“

Auch die Richterinnen und Richter der Schiedsgerichte werden vom Gemeinsamen Ausschuss benannt. „An ihrer Auswahl ist der Bundestag nicht beteiligt“, kritisiert Groh. Grundlage der Rechtsprechung ist das Investitionsschutz-Kapitel des CETA-Abkommens, in dem es von unbestimmten Rechtsbegriffen wimmele. „Die Schiedsgerichte sind damit demokratisch unzureichend legitimiert und haben eine enorme Entscheidungsmacht – mit weitreichenden Folgen für die Bürgerinnen und Bürger“, fasst Groh zusammen.

Beschwerdeführer Huber geht nicht davon aus, CETA in Gänze kippen zu können. „Wir setzen darauf, dass das Bundesverfassungsgericht Eckpunkte und Leitlinien in unserem Sinne festlegt. Die Chancen dafür stehen gut“, so Huber.

Das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA ist 2017 vorläufig in Kraft getreten und wurde im Januar 2023 vom Bundestag und Bundesrat ratifiziert. Gegen die Ratifizierung kann innerhalb eines Jahres Verfassungsbeschwerde eingelegt werden – das geschieht nun. Mehr Demokratie hatte 2016 gemeinsam mit Foodwatch, Campact und rund 125.000 Menschen eine erste Verfassungsbeschwerde gegen das vorläufige Inkrafttreten von CETA eingelegt. Sie war teilweise erfolgreich: Das Bundesverfassungsgericht erließ 2016 Auflagen für die vorläufige Anwendung von CETA, erklärte das Abkommen aber für nicht verfassungswidrig. Vollständig in Kraft tritt CETA, wenn alle EU-Mitgliedsstaaten es ratifiziert haben.

Weitere Informationen:

Schriftsatz zur Verfassungsbeschwerde vom 10. Januar 2024

Livestream der Pressekonferenz vom 10. Januar 2024 auf YouTube

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